STEREOPLAY August 1998
Klasse Revival
Nach zwölf mageren Jahren
erlebt John Fogerty derzeit sein ganz persönliches
Comeback- und wagt sich nun auch wieder an Songs seiner
legendären Band CCR.
Es ist diese unglubliche,
originäre Stimme, die man viele Jahre lang so
schmerzlich vermißt hat. Ein Organ, das so klingt wie
ein alter, rostender Zweitaktmotor, der nicht mehr recht
anspringen mag, aber im entscheidenden Moment doch stets
in die Gänge kommt. Grobschlächtig, rauh und an den
richtigen Stellen auch mal unbarmherzig hört sie sich
an, diese Stimme, die keinen Widerspruch duldet, weil
Widersprüche nichts gelten, wenn ein Mann den Blues hat
und ihn singt.
Dieses wüste Organ
gehört John Fogerty, spätestens seit 1968 eine lebende
Legende, als er mit Creedence Clearwater Revival (CCR)
Musikgeschichte schrieb. Damals gerade mal Mitte 20,
startete der hemdsärmelige Mann aus dem sonnigen
Kalifornien eine beispiellose Hitkarriere.
Fogerty hat seine Stimme
niemlas domestiziert, aber sie in den späten 60iger
Jahren soweit akzentuiert, daß sie auch im
amerikanischen Mainstream- Radio eingesetzt wurde..
Folge: Seine Band CCR wurde bis zum Split anno 72
dank Hits wie "Born On The Bayou",
"SuzieQ" oder "Bad Moon Rising" zu
einer der populärsten Rock n Roll- Gruppen
ihrer Zeit. Danach spielte das charismatische Rauhbein
nurmehr sporadisch Solo- Platten ein. 1985, nach
Erscheinen seines letzten Werks "Eye Of The
Zombie", versiegte der Kreativfluß ganz.
"Na ja",
grummelt der inzwischen 54jährige, "seit damals ist
einiges passiert: Ich verlor einen Prozeß, bei dem mir
vorgeworfen wurde, ich hätte meine eigenen Songs
plagiiert. Das kostete mich eine Menge Geld. Dann verlor
ich auch noch meine Frau. Und schließlich hätte ich
beinahe den Verstand verloren, weil ich heftig mit dem
Trinken angefangen hatte." Doch das Schicksal hatte
irgendwann ein Einsehen mit dem Rock n Roll-
Original, das ein Kritiker einmal als "so
amerikanisch und so universal wie Cheesburger, Flipper
und Bluejeans" bezeichnet hatte. Denn echte
Bluesmänner wie John Fogerty müssen zwar jede Menge
harter Schläge im Leben einstecken, doch völlig
ausgenockt werden sie nie.
"Die Wende kam",
erzählte Fogerty gut gelaunt, "als ich meine
heutige Frau Julie kennenlernte. Sie war meine Stütze
auf dem Weg heraus aus der Talsohle. Plötzlich hatte ich
wieder Inspiration für neue Songs, nachdem ich lange gar
nicht mehr an Musik gedacht hatte."
Im Sommer 97
erschien dann seine jüngste Platte "Blue Moon
Swamp" - und die bescherte ihm eines der
erfolgreichsten Jahre seines Lebens. Zu Recht, denn
"Blue Moon Swamp" ist eine wahnsinnig gute
Scheibe für Menschen, die auf handgemachten Rock
n Roll, krachenden Rythm & Blues,
rustikalen Country and Western, herrlich wimmernden
Bluegrass und natürlich jede Menge Blues pur stehen. Die
Platte wurde mit einem Grammy als "Best Rock
Album" geehrt, John war mehrfach Gast in David
Lettermans "Late Night Show", und seine
darauffolgende Tournee gestaltete sich zum Triumphzug.
Zudem gewann er seinen endlos andauernden Prozeß und
besitzt seit einigen Monaten wieder die Rechte jener
Songs, die er für CCR komponiert hatte. Kein Wunder,
daß John diese Lieder auf der letzten Tournee
ausführlich und in Bestform intoniert hat. Und kein
Wunder auch, daß diese CCR- Stücke im Mittelpunkt der
aktuellen Live- CD "Premonition" stehen.
"Ich hatte lange Zeit
keine Lust, die alten CCR- Songs zu spielen, noch nicht
mal privat zu Hause vor dem Kamin auf der Klampfe, weil
dieser Prozeß mich völlig fertig gemacht hat",
gesteht Fogerty. "Doch jetzt besitze ich ein amtlich
abgesegnetes Papier, auf dem zu lesen ist, daß Mr. John
Fogerty die Rechte auf all die alten Stücke hat. Du
kannst Dir vorstellen, wie stolz ich war, sie bei der
Tour anno 97 wieder zu spielen. Denn tief im
Inneren wußte ich all die Jahre über, daß die Fans
diese Songs aus meinem Mund hören wollen und nicht von
irgendwelchen Epigonen." Klar, wer mit diesem
Seitenhieb gemeint ist: jene Ex- Kollegen, die derzeit
mit ihrer Gruppe Creedence Clearwater Revisited durch die
Lande touren.
Fogerty glaubt auch nicht,
daß diese Titel im Lauf der Zeit irgendwelche Patina
angesetzt haben: "Die Energie dieser Lieder hat
immer überlebt. Und ganz ehrlich, so platt das auch
klingt: Mir kommt es bei all den Klassikern vor, als
hätte ich sie gerade kompniert, so frisch klingen sie
für mich." Trotzdem hat sich für Fogerty etwas an
den CCR- Stücken geändert. "Ich wollte die Songs
so identisch wie möglich interpretieren", meinte er
aufrichtig, "da ich auf die Arrangements nach wie
vor unglaublich stolz bin. Doch ich übe nun mal seit
über 30 Jahren täglich auf der Gitarre. Da wird man im
Laufe der Zeit natürlich besser. Deshalb klingen die
CCR- Stücke auf Premonition zwar ähnlich wie in den
Originalversionen, aber, so hoffe ich, auch etwas
ausgefeilter." Schließlich ist die Gitarre Johns
ware Leidenschaft: "Ich bin ein Saiten- Freak,
selbst wenn ich alles andere als perfekt bin. So gut wie
mein Idol Chat Atkins werde ich wohl nie."
Erheblich mehr Probleme,
als mit seinem Instrument hatte der charismatische
Performer mit seiner Stimme. "Nach der langen
Plattenabstinenz mußte ich meine Stimme erst wieder
trainieren. Vor allem mein Herz mußte lernen, daß ich
eine Stimme besitze, die zum Singen geschaffen ist.
Schließlich war ich viele Jahre lang sehr frustriert.
Außerdem hatte ich gesoffen wie der Teufel."
Doch Schluß jetzt mit der
Vergangenheit, Fogerty blickt optimistisch in die
Zukunft: "Ich schreibe schon Stücke für ein neues
Album. Wenn alles klappt, wird es im Frühjahr nächsten
Jahres fertig sein."
(Michael Fuchs- Gamböck)
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