ROLLING STONE, Juli- Ausgabe
Der Mond über dem Mississippi
Nach Jahren des Rechtsstreits und der Tatenlosigkeit kehrt JOHN FOGERTY
mit einem fulminanten Album zu seinen Wurzeln in den Süden der USA zurück.
Nach über einem Jahrzehnt kehrt John Fogerty mit einem neuen Album
zurück - und die jahrelange Arbeit im Studio hat sich gelohnt.
"Blue Moon Swamp" ist eine runde Sache: spielerisch
leicht und mit deutlich mehr Schwung als der 1986 erschienene
Vorgänger "Eye Of The Zombie".
Wem außer John Fogerty würde man schon einen Text abnehmen,
in dem es um "swamp critters" geht - die kleinen Viechern in den Louisiana- Sümpfen?
Der auferstandene Fogerty wird bereits als einer der Väter der
"No depression"- Bewegung gefeiert.
Er selbst kann damit allerdings wenig anfangen. "Bis vor kurzem wußte
ich noch gar nicht, was der Begriff bedeutet." Doch heute, ein Jahrzehnt,
nachdem der Gründer der legendären CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL sich aus dem
Musikbusiness verabschiedete, erlebte das Country- Rock- Genre, das Fogerty mit aus der Taufe hob,
einen neuen Aufschwung, und Bands wie Jayhawks, Wilco und
Son Volt erweisen dem Altmeister ihre Reverenz.
Und der hat wieder Geschmack am life on the road gefunden.
"Seit ich meine Frau kenne, und das sind jetzt auch schon zehn Jahre,
habe ich nur bei Wohltätigkeitskonzerten gespielt", erzählt Fogerty- der mit 52 Jahren
bemerkenswert fit und jugendlich wirkt- beim Frühstück in einem
Restaurant hoch oben in den Bergen über Los Angeles.
"Ab und zu stupste sie mich in die Seite und meinte, Meinst du nicht,
es wird Zeit, daß du rausgehst und ein bißchen Geld verdienst?"
Julie Fogerty, die er während einer Tournee in einer Bar in Indianapolis
kennenlernte und inzwischen geheiratet hat, sitzt neben ihm.
Julie hat mir in all diesen Jahren Halt gegeben. Ohne sie
wäre ich vermutlich verrückt geworden.
Was seinen Verstand auf die Probe stellte,
war ein langwieriger Streit mit Saul Zaentz, dem Besitzer des Creedence- Labels
Fantasy Records, der Fogerty in den 70er und 80er Jahren zu schaffen machte.
Zaentz hatte seinen ehemaligen Klienten auf Verleumdung und Beleidigung
( wegen "Zanz Kant Danz", einem Stück auf Fogertys Solo- Album
"Centerfield" von 1985) und Selbstplagiat verklagt -
Zaentz behauptete, daß der Titelsong des Albums bei
älterem Creedence- Material geklaut sei, für das er die Rechte besitzt.
Für Fogerty bedeutete das den Absturz in ein emotionales
Tief, aus dem ihn nur Zeit und ein lägerer
Aufenthalt im tiefen Süden Amerikas schließlich wieder befreiten.
Die Beleidigungsklage wurde außergerichtlich beigelegt,
der Vorwurf des geistigen Diebstahls konnte nicht aufrecht erhalten werden.
Das Resultat:
Alle zwölf tracks auf "Blue Moon Swamp"
schäumen über vor neuentdeckter Lebensfreude,
und - nicht weniger wichtig - sie rocken, daß sich die Balken biegen.
Fogertys Rekonvaleszens begann mit einer Reise ins Delta,
einen Ort, den der gebürtige Westküstler
zwar oft besungen hat, an dem er aber ironischerweise noch nie gewesen war.
Ich hatte dieses starke Bedürfniss, den Mississippi zu sehen.
1990 begann er mit einer Reihe von Entdeckungsfahrten in das Mississippi - Delta,
in einem Mietwagen und mit einem Stapel Country - Blues - Cassetten im Gepäck.
"Ich wollte all diese alten Blueser, die ich noch von früher kannte,
mit auf die Reise nehmen."
Von New Orleans aus ging es nach Memphis, Tennesse, und schließlich
an das Grab des Blues - Giganten Robert Johnson.
Dieser Besuch hat Fogerty nachdenklich gemacht.
"Da liegt dieser Mensch begraben, und seine songs
gehören vielleicht irgendeinem Typen namens Morris Stealum von Cheatem,
Beatem, Whatever, der in einem Wolkenkratzer von Manhatten sitzt.
Aber eigentlich sind sie Johnsons songs, er ist der geistige Eigentümer
dieser Lieder, genau wie Howlin' Wolf oder Muddy Waters.
Und irgendwann mal wird vielleicht jemand an meinem Grab stehen, und er
wird nichts von Saul Zaentz wissen - scheiß auf ihn! Er wird nur wissen,
ob meine Arbeit etwas wert war oder nicht.
Als ich dort stand, dachte ich: Das ist es, worum es geht.
Es ist Zeit, wieder zu deinen Wurzeln zurückzukehren."
Leichter gesagt, als getan. Fogerty mußte eine Studioband
zusammenstellen und feuerte zwei Schlagzeuger,
bevor die Aufnahmen fü "Blue Moon Swamp"
überhaupt begonnen hatten. Zuletzt hatte er fast 30 Drummer ausprobiert,
nur um den perfekten Beat zu bekommen.
"Bei zwanzig habe ich aufgehört zu zählen",
meinte er achselzuckend. "Ich hatte gedacht, diese Profis würden mich
schon irgendwie über die Ziellinie tragen -
aber das war wohl ein Irrtum."
Es dauerte fünf Jahre, bis "Blue Moon Swamp" im Kasten war,
und der Aufwand zeigt sich in nahezu jedem Stück. Fogerty wird
begleitet von einem wechselnden Ensemble, zu dem Drummer Kenny Aronoff
und Bassist Bob Glaub (die beide in Fogertys Tourband spielen werden)
und das renommierte Gospelquartett Fairfield Four gehören.
Multi - Instrumentalist Fogerty spielt Dobro, Mandoline, Bouzouki,
Lap Steel, Orgel, eine elektrische Sitar - und natürlich sein
Leib- und- Magen- Instrument, die Gitarre, die heute besser denn je klingt.
Was auch Musiker bestätigen, die zu Fogertys
Glanzzeiten noch in den Windeln lagen.
"Ich stand immer total auf Wrote A Song For Everyone",
berichtet Sänger Jeff Tweedy von Wilco.
"CCR hatten enormen Einfluß auf mich" - ein Punkt, der
von Journalisten, die über die Vertreter des neuen Americana - Genres berichten,
gerne übersehen wird. "Ich wäre froh, wenn Creedence und
John Fogerty ein bißchen öfter erwähnt werden würden als
Gram Parsons" meint Tweedy. "Nicht das ich Gram Parsons nicht mag, doch ich finde,
CCR bringen die Sache ein bißchen besser auf den Punkt."
"Die Leute erzählen mir, daß viele junge Country- Musiker von
Creedence beeinflußt worden sind", sagt Fogerty.
"Auf die Idee bin ich nie gekommen. Wenn ich Vince Gill höre, ist
das für mich einfach jemand, der zeitlose Musik macht, genauso wie Merle Haggard.
Ich halte mich nicht für den Vater aller Dinge."
Trotzdem kann selbst Fogerty den Einfluß des
Creedence- Erbes nicht leugnen.
Man nehme "Swamp River Days", ein Stück vom neuen Album,
dessen Szenerie stark an den CCR- Klassiker "Green River" erinnert:
"Hey, eigentlich ist es eine exakte Kopie. Wie wär's mit 'ner Klage?"
Bericht von Dave DiMartino
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ROLLING STONE, August- Ausgabe
JOHN FOGERTY Hamburg, Grünspan
Born On The Bayou
Als der ganz in Jeansstoff gehüllte Mann, der mit seinem
roten Halstuch auch mit 52 Jahren noch linkischen Boy- Scout- Charme versprüht,
die ersten Riffs in den ausverkauften Kiez- Club schickt,
wird es zur Gewißheit:
Die letzten 26 Jahre waren nur ein böser Traum!
Haben sie überhaupt stattgefunden?
Schweißgebadet, aber überglücklich wachen
die Getreuen auf, um dem Mann zu huldigen, der den Soundtrack
ihrer Jugend schrieb.
Sogar der Fernsehgreis Thomas Gottschalk ließ
Fogerty gewohnt gnaden- und verständnislos noch mal ein Potpourri absingen.
Breitbeinig kostet John Fogerty seinen späten Triumph aus, bleibt aber bescheiden,
selbst in der Genugtuung darüber.
Seine Stimme, dieses heiser- enervierdende Schnarren,
klingt durchdringender denn je; seiner stattlichen Gitarrenkollektion verlangt er alles ab.
"Green River", "Suzie Q", "Who'll Stop The Rain":
Zwischen die CCR- Hits streut Fogerty behutsam einige Songs aus
dem Comeback "Blue Moon Swamp",
die - ihrer Qualität zum Trotz - neben dem Altwerk verblassen müssen.
Subtil und sublim ist das nie gewesen, eher rustikal und rudimentär.
Hätte es da noch letzte Zweifel gegeben, wischt sie Drummer Kenny Aronoff
endgültig von der Bühne:
In "Hau' den Lukas- Manier" läßt er den Swamp- Boogie
seines Arbeitgebers weniger federn denn gnadenlos krachen.
Unverständlich nur, daß Fogerty auch Zuflucht beim hölzernen Blues
sucht und darüber einige seiner besten Songs ignoriert:
Kein "Lodi" ( nach der die Menge für Sekunden sogar im Chor gerufen hatte ),
kein "Have You Ever Seen The Rain".
Dennoch ein rauschendes Finale mit "Bad Moon Rising"
und einem grimmigen "Fortunate Son".
In der Zugabe dampft noch einmal die "Proud Mary" den ol' river hinunter,
bevor sich die "Travelin' Band" endgültig davonmacht.
Der böse Traum ist zu Ende.
Fogerty verspricht, daß es bis zum nächsten Mal nicht gar
so lange währen soll.
Was zu hoffen bleibt. Für die Rente ist der Mann noch zu rüstig.
Autor: Jörg Feyer
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Musikexpress/ Sounds August- Ausgabe
Titel: "Hamburg, Grünspan".
Einmal, mitten im Konzert,
geht John Fogerty zu seinem Verstärker und fragt das Publikum:
"Darf ich Euch meinen Marshall vorstellen?
Er ist so alt wie ich und war schon in Woodstock dabei!"
Das ist aber auch die einzige verbale Reminiszens an längst
vergangene Zeiten, die der 52jährige Rocker im Hamburger
"Grünspan" abläßt.
Die mit viel Liebe renovierte einstige Kiffer- Disco auf dem Kiez ist
an diesem Abend Schauplatz der Wiederauferstehung einer Legende.
(...)
Denn heute abend gibt Fogerty ordentlich Zunder.
Mit "Born On The Bayou" legt er gleich
von Anfang an mächtig los. Dann folgt "Green
River" und später "Suzie Q"
in einer gewaltigen, von Rückkopplungen erschütterten Fassung.
Dieser Dinosaurier von einem Song klingt hier gerade so, als habe ihn
sich eine Underground- Band vorgeknöpft.
Auch anschliessend kennt Fogerty kein Halten,
spielt ein Solo nach dem anderen, unterstützt vom
perfekten Groove seiner Rythmus- Sektion.
Rob Glaub (bg) und Kenny Aronoff (dr) sind zwei ausgebuffte Studioprofis,
die für Fogerty genau jenes Umfeld bieten,
daß dieser Musiker schon seit vielen Jahren verdient.
Bei fast jedem Song wechselt der einstige Creedence- Kopf die Gitarre.
Und diese häufigen Wechsel machen durchaus Sinn:
Jeder Ton sitzt, bei alten ebenso wie bei den neuen Songs.
Letztere fügen sich nahtlos ein in den Reigen der großen
Hits der CCR- Ära.
So zum Beispiel " A Hundred And Ten In The Shade",
vielleicht der beste Song des neuen Albums und eine Nummer,
bei der Blues und Gospel eine außergewöhnliche Ehe eingehen.
Dann, nach fast zwei Stunden das furiose Finale:
"I Heard It Through The Grapevine", "Bad Moon Rising"
und - natürlich - "Proud Mary".
Spätestens jetzt liegen die 800 Zuschauer im Grünspan
dem Swamp- Rocker John Fogerty förmlich zu Füßen -
und nehmen anschließend folgende Gewißheit mit nach Hause:
Ein großer Rockmusiker ist zurückgekehrt - und zeigt
zahllosen jungen Bands, wo genau es eigentlich langgeht.
Autor: Kürzel (ram)
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HAMBURGER MORGENPOST, 26.Juni
John Fogerty ist zurück.
Und feiert morgen im ausverkauften Grünspan ein glorreiches Comeback -
und sein neues Album.
"Blue Moon Swamp", Fogertys neues Album.
Songs, die er sich im Verlauf der letzten vier Jahre in
liebevoller Kleinarbeit vom Herzen geschrieben hat.
MOpop traf den ehemaligen Frontmann der 60er- Jahre- Band Creedence Clearwater Revival.
Ein alter Mann ist er trotz grauer Haare nicht geworden.
Zehn Jahre sind seit "Eye Of The Zombie" vergangen, dem
letzten Lebenszeichen des Mannes, der mit "Bad Moon Rising" oder
"Green River" zu einem der besten Songschreiber amerikanischer Roots- Musik ernannt wurde.
Fogerty zog nach einigen Rückschlägen
(z.B. dem Streit um die Rechte seiner Songs) soviel Kraft
und positive Lebensenergie aus dem schlichten Leben mit seiner Familie, daß
er sich ermuntert fühlte, "ein Album aufzunehmen, daß
es problemlos mit CCR aufnehmen kann. Kein müdes Altrocker - Comeback".
Vier Jahre lang reiste er immer wieder in die Sümpfe Louisianas,
um nach dem "Swamp", den Ursprüngen amerikanischer Rockmusik zu suchen.
Das Ergebnis findet sich auf "Blue Moon Swamp",
dem vitalen Statement eines aufgeschlossenen Musikers, der sich nicht unterkriegen läßt.
Ein Album, das, 25 Jahre nach Auflösung der Band, als eines der
besten CCR - Alben gewertet werden muß.
Autor: (Kürzel) ab
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