ROLLING STONE, (deutsch), Nr. 8/ August
John Fogerty
Seine Rückkehr auf die Bühne kam
aus heiterem Himmel. Mehr als zehn Jahre lang hatte sich
Fogerty geweigert, seine eigenen Klassiker noch einmal zu
spielen. Statt dessen stritt er sich vor Gericht mit den
ehemaligen Mitstreitern Doug Clifford und Stu Cook, vor
allem aber mit seinem Nemesis Saul Zaentz: der einstige
Besitzer des "Fantasy-" Labels, heute als
Filmproduzent ("Der Englische Patient")
erfolgreich, hatte in einer Nacht- und Nebel- Aktion
sämtliche Rechte an Creedence Clearwater Revival an sich
gerissen- und sah bis heute keine Veranlassung, Fogerty
zumindest ansatzweise an den Früchten seines
musikalischen Erbes zu beteiligen. Verbittert zog sich
der Verprellte ins innere Dauer- Exil zurück - und
überraschte die Popwelt umsomehr, als er sich 1997 mit
dem abgeklärten und versöhnlichen Album "Blue Moon
Swamp", einer begeisternden Tournee und dem gerade
erschienenen Live- Mitschnitt "Premonition"
zurückmeldete.
Hast Du Dich - vor
der Rückkehr an die Öffentlichkeit - nicht manchmal
zweifelnd gefragt, ob die Popwelt Dich nicht schon
längst abgeschrieben und vergessen hatte?
Ich habe es mir verkniffen, über
diese Frage lange zu grübeln. Ich verspürte nur den
Drang, etwas Gutes, etwas Positives abzuliefern. Wenn ich
damit Schiffbruch erlitten hätte- auch gut. An der
Qualität der Musik hätte es auch nichts geändert.
Hast Du das
Gefühl, nun wieder Herr Deiner musikalischen Bestimmung
zu sein?
Als ich zum ersten Mal wieder auf
eine Bühne trat, war das ein so überwältigendes
Gefühl, wie ich es mir vorher nie hätte ausmalen
können. Als ich am ersten Abend "Born On The
Bayou" sang, habe ich wieder den Anspruch auf mein
Erbe angemeldet. Trotzdem ist das erst ein Anfang;
vielleicht wirds fünf Jahre dauern, bis diese
Tatsache eine Selbstverständlichkeit für mich geworden
ist.
Das klingt so, als
solle es nicht bei einem einmaligen Comeback bleiben?
Nein. Ich habe wieder dieses
unbeschreibliche Gefühl, als würde Musik wie ein Strom
aus mir fließen.
Obwohl die
Verbitterung über Deine gestohlene Vergangenheit Dich so
lange und extrem gelähmt hat?
Mit der Ausnahme von Julie, meiner
Frau, wird wohl niemand je nachvollziehen können, was
dieser Saul Zaentz mir angetan hat. Es war, als hätte
man mir mein Leben gestohlen, als sich dieser Mensch mit
meinen Songs aus dem Staube machte, um mit dem Geld dann
30 Jahre lang im Filmgeschäft herumzustümpern.
Man kann wohl davon
ausgehen, daß Du Dir "Der Englische Patient"
nicht in der Videothek ausgeliehen hast?
Da kannst Du Gift drauf nehmen. Ich
war schließlich all die Jahre dazu verdammt, mit meiner
Ausbeutung zu leben; ich hatte nicht den Hauch einer
Chance, die Früchte meiner Arbeit zu ernten. Selbst
heute noch, zehn Minuten vor dem Auftritt, wenn ich
allein im Umkleideraum sitze, kommen diese Eindrücke
blitzartig zurück. Zum Glück bin ich inzwischen in der
Lage, meine Vergangenheit zu akzeptieren. Es ist,
als würde man jeden Tag wiedergeboren. Heute versuche
ich, jeden Tag so positiv wie möglich anzugehen. Früher
war ich nur negativ. Wenn ich morgens aufwachte,
brauchte ich nicht lange, um mir die Haare zu raufen
angesichts der Scheiße, die mir passiert ist. Der Tag
war gelaufen. Und am nächsten Tag liefs genauso.
Klingt ganz so, als
hättest Du von der Sorte ne Menge Tage gehabt?
Ziemlich genau 20 Jahre lang. Nur
durch die Hilfe meiner Frau bin ich heute in der Lage,
mit meiner Vergangenheit nicht mehr auf Kriegsfuß zu
stehen. Ich bin ein rundum glücklicher Mensch, wenn ich
heute auf eine Bühne gehen und der ganzen Welt zeigen
kann, was meine Vergangenheit mir wieder bedeuted.
Auf "Blue Moon
Swamp" hast Du einen Song für Deine Frau
geschrieben: "Joy Of My Life"- vermutlich der
erste Love- Song, den Du je geschrieben hast. Warum hast
Du dieses Sujet imme umgangen?
Schon ein paar Monate nachdem
"Suzie Q" veröffentlicht worden war,
fiels mir wie Schuppen von den Augen, daß ich von
Saul über den Tisch gezogen worden war. Es war, als
würde sich mein Herz verkrampfen. Ich vermute, daß nach
dieser Erfahrung Love- Songs einfach kein Thema mehr für
mich waren. Ich hasse es zu sagen, aber ich glaube, daß
nicht einmal Liebe noch ein Thema für mich war.
Du hattest gegen
Deine einstigen Kollegen Doug Clifford und Stu Cook eine
Verfügung erwirkt, daß sie auch unter dem Namen
"Creedence Clearwater Revisited" nicht mehr
auftreten dürften; die Verfügung wurde letztes Jahr
aber aufgehoben. Wirst Du erneut gegen sie vor den Kadi
gehen?
Ich frage mich ernsthaft, warum ich
noch mehr Zeit- und Geld- dafür opfern sollte, um die
beiden vor sich selbst zu schützen. Ist ja nicht so, als
sei das alles gerade erst gestern passiert.
Creedence heute ist doch eine Las- Vegas- Nummer - schon
lange eine Karikatur seiner selbst, besudelt mit den
Abdrücken von schmierigen, bluttriefenden Stiefeln.
Creedence ist so tot wie Elvis. Und hat heute vermutlich
den gleichen Stellenwert wie all diese peinlichen Elvis-
Imitatoren.
Einen
"Fortunate Son" wird man Dich wohl kaum nennen
können; dafür hat Dich Deine Frau erst unlängst noch
einmal zum fortunate Daddy gemacht...
Manchmal überkommt mich wirklich
das Gefühl, inzwischen der glücklichste Mensch auf der
ganzen Welt zu sein. Darum gehts in "Joy Of My
Life":
Wenn ich in die Augen meiner Frau sehe, weiß ich, daß
es kein Traum ist. Wir haben die wundervollsten Kinder in
die Welt gesetzt. Diese Liebe ist es, die mir wieder den
Mut gibt, Musik zu machen, meine Karriere erneut in die
Hand zu nehmen. Meine zweite Karriere, wenn Du so willst.
Aber das ist nur das Sahnehäubchen auf einem viel
größeren Kuchen.
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